
Zum Saisonabschluss 2023 bin ich noch einmal einen Halbmarathon gelaufen. Eigentlich war das nicht so geplant, aber da mein Sohn den Wunsch äußerte, einmal gemeinsam mit mir zu laufen, konnte ich dem nicht widerstehen. Ausgesucht haben wir uns den Köln Marathon, den ich zwar schon mehrfach gelaufen bin, aber bisher immer allein. Da Köln die Stadt ist, in der er aufgewachsen ist, war es auch für meinen Sohn eine gute Wahl. Eigentlich wollte ich mich mit Ü60 davon verabschieden, an längeren Laufveranstaltungen teilzunehmen. Auch wenn ich weiterhin Triathlon betreiben möchte und durchaus auch Halbdistanzen plane, an deren Ende auch ein Halbmarathon gelaufen wird, empfinde ich die Belastung eines Halbmarathons dort deutlich geringer als bei einem reinen Laufevent. Wie auch immer, nun hatte ich zugesagt und früh kam die Frage auf, ob wir gemeinsam oder getrennt laufen. Letztendlich hatten wir bis zum Lauf keine endgültige Entscheidung getroffen und wollten es während des Rennens entscheiden. Grundsätzlich war für mich klar, dass mein Sohn mit 23 Jahren auf jeden Fall schneller laufen kann als ich mit über 60 Jahren!
Für ihn war es der erste Halbmarathon und er hat auch früh angefangen, sich darauf vorzubereiten. In seiner Jugend war er auf der Sprintdistanz unterwegs, so dass das Laufen für ihn grundsätzlich kein Problem ist. Schwierig für ihn war abzuschätzen, ob es ihm gelingt, seine Kräfte auf 21 Kilometern entsprechend einzuteilen. Da mein Sohn in Heidelberg studiert, haben wir unsere Vorbereitung getrennt durchgeführt und hielten uns gegenseitig über den aktuellen Stand auf dem Laufenden. An Diabetes Typ 1 bin bisher nur ich erkrankt und alle meine drei Kinder sind bislang glücklicherweise von der Krankheit verschont geblieben.
Nach meinem Ironman 70.3 im Juni habe ich erst einmal Urlaub gemacht und eine Trainingspause eingelegt. Nach dem Urlaub erwischte mich dann leider eine Erkältung und ich konnte fast zwei Wochen nicht mit dem strukturierten Training beginnen. Anfang September habe ich dann in einer Triathlon Staffel noch den Radfahrteil übernommen, worüber ich bereits im letzten Beitrag berichtet habe. Damit blieben mir für die eigentliche Vorbereitung nur noch gut 4 Wochen. Mit dem Wissen, dass mein Körper diese Erfahrung bereits kennt und das Jahr 2023 bislang gut verlaufen ist, machte ich mir darüber keine Sorgen. In der Woche vor dem Halbmarathon kündigte sich jedoch leider eine weitere Erkältung an und ich konnte nur noch im geringen Umfang trainieren. Wie bei Menschen mit Diabetes Typ 1 üblich, spielte mein Blutzucker verrückt und ich kämpfte immer wieder mit viel zu hohen Blutzuckerwerten, die einfach nicht runter wollten. Wäre nicht das besondere Ereignis gewesen, gemeinsam mit meinem Sohn einen Halbmarathon zu laufen, hätte ich das Rennen wahrscheinlich abgesagt. Zu sehr habe ich mich aber auf den gemeinsamen Lauf und die Emotionen im Ziel gefreut. Glücklicherweise standen wir schlussendlich gemeinsam am 1. Oktober an der Startlinie und die Anspannung bei uns beiden war groß. Leider war auch an diesem Tag mein Blutzucker viel zu hoch. Dennoch wollte ich nicht zu viel Insulin spritzen, um die Gefahr einer Unterzuckerung zu vermeiden. Aus meiner Erfahrung beim Triathlon weiß ich, dass ich bei einem Wert von über 200 mg/dl meine Leistung nicht voll abrufen kann. Bei der Aufstellung im Startbereich lag ich bei über 240 mg/dl und spürte deutlich ein verstärktes Herzpochen. Der Startschuss fiel und wir beide liefen gemeinsam los. Mein Sohn hat sich wie geplant brav zurückgehalten und so sind wir die ersten 8 Kilometer gemeinsam gelaufen, für meine Verhältnisse schon recht flott. Bei ungefähr Kilometer 8 entschloss sich dann mein Sohn, nun doch etwas schneller zu laufen. So blieben mir dann noch 13 Kilometer, in denen ich versucht habe, mein Tempo möglichst lange zu halten, um den Abstand nicht zu groß werden zu lassen. Mein Blutzucker sank erstmalig nach gut einer Stunde unter 180 mg/dl. Dies war für den zweiten Teil des Halbmarathons sehr gut. Erst auf den letzten vier Kilometern konnte ich mein Tempo nicht mehr ganz halten und mein Schnitt sank um 15 Sekunden, was nicht wirklich viel ist. Für meinen Sohn lief es auch sehr gut, so dass er glücklich auf mich im Ziel wartete. Als ich 10 Minuten später das Ziel erreichte, freute ich mich sehr für meinen Sohn, dass er seinen ersten Halbmarathon so gut gemeistert hat. Das war ein sehr emotionales Erlebnis und ich möchte es auf keinen Fall missen. Am Ziel zeigte sich dann doch recht deutlich, was der Altersunterschied ausmacht. Während mein Sohn sich ein frisches T-Shirt anzog und erst einmal mit seinen Kumpels feiern ging, wankte ich nach Hause, um mich zu dehnen und meine Wunden zu pflegen.